
Mein Name ist Tamara, geboren wurde ich am 28.09.1986 in Wels. Als ich ein paar Monate alt war, kam ich mit meiner Schwester in ein Kinderheim. Meine leibliche Mutter kenne ich nicht und laut Erzählungen wollte sie uns auch nicht. Nach zwei Jahren durften wir endlich wieder zurück zu unserem Vater und so zogen wir mit ihm zu unserer Stiefmutter nach Peilstein im Bezirk Rohrbach. Mein Verhältnis zu meinen Eltern war sehr schwierig. Ich empfand meine Kindheit als sehr schlimm. Sie war geprägt von körperlicher Gewalt und dem Gefühl, nichts wert zu sein. Egal was ich tat, es war nie gut genug.
Mein Vater war meistens arbeiten und wenn er mal zuhause war, waren ihm andere Sachen wichtiger als wir. Ein inniges Verhältnis zu meinen Eltern aufzubauen, war nicht wirklich möglich. Auch meine Schulzeit war geprägt von Ausgrenzungen und Mobbing. Für mich stand schon früh fest: Zu sterben ist besser als zu leben. Ich habe damals Gott angefleht, dass er dem Ganzen ein Ende setzt. Ich wollte doch nur geliebt werden. Obwohl meine Kindheitsjahre oft schwierig und belastend für mich waren, sehe ich heute im Rückblick manches aber doch auch ein bisschen anders, denn indem ich oft auf mich allein gestellt war, wurde ich somit auch zur Selbständigkeit erzogen. Dafür bin ich meinen Eltern sehr dankbar.
Zum religiösen Hintergrund meiner Eltern gibt es eigentlich nicht sehr viel zu sagen. Meine Stiefmutter wuchs katholisch und mein Vater evangelisch auf. In späteren Jahren konvertierte mein Vater aber auch zum Katholizismus. Als ich in die Volksschule kam, sind meine Eltern aus der Kirche ausgetreten. Danach kamen öfter Zeugen Jehovas zu uns. Meiner Stiefmutter war es wichtig, dass ich mit ihnen die Bibel las, ich selbst war aber immer froh, wenn sie wieder weg waren. Seit ich denken kann, habe ich an Gottes Existenz geglaubt und nie daran gezweifelt. Ich wusste, es gibt einen Schöpfer, aber ich verstand nicht, warum er so viel Leid zulässt. Ich weiß gar nicht, ob ich mich damals je für irgendetwas bei Gott bedankt habe, falls ja, dann war das nur ein kurzer Gedanke. Was ich aber weiß, ist, dass ich Gott viele Vorwürfe gemacht habe und ich ihn immer wieder gefragt habe, warum er das alles zulässt.
Die Jahre vergingen und somit beendete ich die Schule. Nach langer erfolgloser Ausbildungssuche und nach wiederholten Streitigkeiten mit meinen Eltern, beschloss ich eine Woche vor meinem 18. Geburtstag von zuhause auszuziehen. Ich zog nach Freistadt zu Bekannten und fand auch endlich eine Arbeit, nur lernte ich die falschen Leute kennen und ich geriet immer mehr in Schwierigkeiten. Nach vier Jahren zog ich die Notbremse und beschloss, etwas an meinem Leben zu ändern. Zum Glück hatte ich noch die Handynummer von meiner Schwester, zu der ich vier Jahre zuvor den Kontakt abgebrochen hatte. Sie war meine einzige Hoffnung, nur wusste ich nicht, wie sie auf meinen Anruf reagieren würde. Glücklicherweise nahm sie mich auf, obwohl mein Vater dagegen war. Dafür werde ich ihr ewig dankbar sein, denn ohne sie, ich weiß nicht, ob ich noch hier wäre. Schön langsam ging es wieder bergauf. Ich kam aus meiner Depression heraus und meine finsteren Gedanken verschwanden.
Anfang Mai 2008 lernte ich meinen Mann kennen. Im März 2011 bekamen wir unsere Tochter Leonie. 2012 heirateten wir und entschlossen uns, noch ein Kind zu bekommen. Nach langen acht Monaten wurde ich endlich schwanger. Als ich aber in der 30. SSW bei einer Routineuntersuchung die Diagnose „nicht lebensfähig“ bekam, brach für mich erneut eine Welt zusammen. Mein größter Wunsch war es immer gewesen, Mutter zu werden. Schon als Kind hatte ich diesen Gedanken, ich wollte es besser machen, ich wollte meinen Kindern die Liebe geben, die ich nie bekommen hatte und verstand nicht, warum Gott mir so viel Leid zufügte. Ich hätte mein Leben für ihres gegeben. Ich verstand nicht, warum ich dieses Leben leben musste und anderen wird es genommen. Da ich diese Diagnose nicht wahrhaben wollte entschloss ich mich dazu, unser Kind auszutragen, denn ein Schwangerschaftsabbruch kam für uns nicht infrage. Ich hoffte so sehr, dass sich die Ärzte geirrt hatten, und entschloss mich, zu einem Spezialisten nach Salzburg zu fahren, in der Hoffnung, er könnte uns helfen. Doch dieser bestätigte nur die Diagnose und riet mir zum sofortigen Abbruch, aber das wollte ich nicht. Unsere kleine Tochter sollte in der 37. SSW per Einleitung geholt werden, aber sie entschied sich, zwei Tage früher spontan zur Welt zu kommen. Ich habe bis zuletzt gehofft, aber als ich sie in meinen Arm gelegt bekam, wusste ich, sie würde diese Welt gleich wieder verlassen. Ich konnte das Ganze gar nicht richtig realisieren. Wir hatten so wenig Zeit mit ihr. Ich hätte ihr gerne noch so viel gesagt. Ich konnte nicht weinen, gar nichts konnte ich und empfand nur Leere. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht wie schlimm es ist, nichts zu fühlen, einfach nur Leere in sich zu haben.
Erst zuhause realisierte ich, was geschehen war. Wochenlang habe ich mich in den Schlaf geweint und fragte mich immer wieder: „Warum tut Gott uns das an?“ Ich wollte doch nur eine Antwort auf diese Frage. Aber niemand konnte sie mir beantworten. Da ich wusste, dass mein Mann und meine Schwiegereltern katholisch waren, ich aber mit dem katholischen Glauben nichts zu tun haben wollte, beschloss ich meinen Schwager zu fragen. Doch an was glaubte er? Ich wusste es nicht. Das Einzige was ich wusste, war, dass es mit Jesus zu tun hatte, aber ich hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht wirklich dafür interessiert. Also schrieb ich ihm eine E-Mail und fragte ihn, was der Unterschied zwischen seinem Glauben und dem seiner Eltern sei. Da ich solche Gespräche nicht gerne persönlich führe, war ich zunächst froh, dass er mir per E-Mail zurückgeschrieben hat. Ich muss dazu sagen, er wohnt gleich gegenüber von uns. Später fragte ich ihn, warum Gott zulässt, dass so viel Leid auf dieser Welt geschieht. Daraufhin gab er mir ein paar Bücher zu lesen. Eines mit dem Titel ,,Warum lässt Gott es zu?“. Ich verstand, dass mir diese Frage nach dem WARUM kein Mensch beantworten kann, nur Gott selbst kann es. Später fragte er uns, ob wir bei einer Glaubenstaufe mit dabei sein möchten, wo sich erwachsene Menschen taufen ließen, um damit ihren Glauben an Jesus Christus zu bekennen. Mein Mann zeigte wenig Interesse, aber mir zuliebe sah er sich die Glaubenstaufe an. Ich wollte, dass auch er sich mit dem Thema Glaube beschäftigt. Da ich viele Fragen hatte, bot uns mein Schwager daraufhin an, uns an zehn Samstagabenden gemeinsam einen Bibelkurs anzusehen. Durch diesen Kurs und die damit verbundenen Gespräche, fing auch mein Mann mit der Zeit an, sich mehr und mehr Gedanken darüber zu machen.
Einige Zeit später nahm ich meine Bibel und fing an, im Neuen Testament zu lesen, doch verstanden habe ich nichts. Wie schon erwähnt, habe ich zwar immer an einen Gott geglaubt, aber nie daran, dass Jesus für die Menschheit am Kreuz gestorben und danach wieder auferstanden ist. Ich hielt das eher für ein Märchen. Somit legte ich die Bibel wieder zur Seite. Irgendwie ließ mir das alles aber trotzdem keine Ruhe mehr. So fing ich an, mich abends mit Gott zu unterhalten, las viele Bücher und entschloss mich, noch einmal in der Bibel zu lesen. Ich verstand zwar immer noch nicht alles, aber ich verstand mehr als zuvor. Wochen vergingen und meine Fragen wurden immer mehr, doch Gott beantwortete mir meine Fragen durch meinen Schwager. Ich interessierte mich immer mehr dafür und fühlte mich Gott nahe. Mein Mann entschied sich Ende 2014 dazu, an Jesus zu glauben. Als ich sah, dass sich etwas ins Positive veränderte, entschloss auch ich mich dazu, eine lebendige Beziehung mit Jesus zu führen. Gleichzeitig bekam ich auch eine Antwort auf meine Frage: Warum lässt Gott Leid zu? Ich verstand jetzt, dass Leid allgemein eine Folge der Sünde ist, die von Geburt an in uns wohnt. Nicht Gott ist der Schuldige, sondern der Mensch, der sich gegen Gott stellt. Ich bekannte, dass auch ich ein Sünder bin und bat Jesus um Vergebung. Ich dankte ihm, dass er mich liebt, dass er für meine Sünden gestorben ist und ich somit errettet bin. Ich setzte meine ganze Hoffnung und mein ganzes Vertrauen auf ihn.
Ich wusste, Jesus geht den Weg meines Lebens nun mit mir, denn ich bin geliebt von ihm. Es fiel eine große Last von mir ab. Ich war einfach nur dankbar und glücklich. Seitdem sehe ich die Dinge ein bisschen anders. Vorher dachte ich immer, dass mein Leben sinnlos wäre und fragte mich, warum ich auf dieser Welt bin. Heute weiß ich, mein Leben ist nicht sinnlos, weil Gott mich liebt und jeder von uns eine bestimmte Aufgabe hier auf Erden hat. Ich danke Gott jeden Tag dafür, dass er auch mich erkennen ließ, dass ich ein verlorener Sünder war, aber durch seine Gnade gerettet bin. Denn er gab seinen Sohn für meine Sünden und schenkte mir so ewiges Leben. In der Bibel steht: ,,Wer an den Sohn glaubt, der hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm!“ (Johannes 3,36) und in Johannes 14,6 sagt Jesus: ,,Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich!“. Jesus starb für jeden einzelnen von uns auf Golgatha.
Ich danke Gott dafür, dass ich diesen Weg gehen musste. Auch wenn viele Narben entstanden und mancher Schmerz für immer bleibt, weiß ich dennoch, alles hat seinen Grund. Ich verstehe jetzt noch nicht alles, aber wenn ich im Himmel bei meinem Herrn und Erlöser bin, werde ich es verstehen.