Aufgewachsen in einer katholischen Familie, mit katholischen Verwandten und Nachbarn war Glaube für mich etwas Selbstverständliches. In jedem Haus wurde vor dem Mittagessen ein Gebet gesprochen.
Inhalt unseres Glaubens war, dass Gott Himmel und Erde geschaffen hat, dass der Sohn Gottes am Kreuz wegen der sündigen Menschheit einen schrecklichen Tod erlitten hat und dass jeder Mensch einmal für seine Taten vor Gott Rechenschaft ablegen muss und gerichtet wird. Wie streng oder nachsichtig Gott mich einmal beurteilen wird, wer da überhaupt eine Chance hat in den Himmel zu kommen, das war für mich absolut unklar.
Nach der Lehre der katholischen Kirche war das zu erwartende Gerichtsurteil abhängig vom Einhalten verschiedener Gebote und Vorschriften, dem Einhalten von Regeln zur Gewinnung von Ablässen und von guten Werken.
Ungefähr im Alter von 15 Jahren kamen dann Fragen und Zweifel. Ob ich mit meinen Sünden wohl eine Chance habe, Gott zu gefallen?
Ob das was ich da über Gott höre wirklich wahr ist? Was will Gott eigentlich von mir? Aus dem Wort Gottes war für mich jedenfalls klar, dass es nicht genug ist, regelmäßig in die Kirche zu gehen und irgendwelche Gebete zu sprechen. Ich war Jungscharleiter, habe gemeinsam mit einem Freund Kellerräume adaptiert für die Jungschargruppen, wir haben dabei oft die halbe Nacht gearbeitet – viel Engagement – zu viel in den Augen meiner Mutter. Die hatte Sorge, dass es mir zu viel wird und dass ich den Bauernhof vernachlässige. Ich dachte an die Worte Jesu im Markusevangelium 10, 20, in der Geschichte vom reichen Jüngling: Er aber sprach zu ihm: „Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf.“ Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: „Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm, folge mir nach!“ Er aber wurde betrübt über das Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter. Und Jesus sah um sich und sprach zu seinen Jüngern: „Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!“ Die Jünger aber entsetzten sich über seine Worte. Aber Jesus antwortete wiederum und sprach zu ihnen: „Liebe Kinder, wie schwer ist’s, ins Reich Gottes zu kommen! Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.“ Sie entsetzten sich aber noch viel mehr und sprachen untereinander: „Wer kann dann selig werden?“ Jesus sah sie an und sprach: „Bei den Menschen ist’s unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.“ Geld und Besitz war mir nie wichtig, aber was wollte Gott von mir? Sollte ich den Bauernhof meiner Eltern übernehmen oder in einem Kloster in Armut und Keuschheit leben? Oder war das nur unrealistische Spintisiererei?
Dann erschien Helga in meinem Leben. Wir waren total verliebt ineinander, da hatte ich absolut keinen Kopf für irgendwelche Fragen nach Gott oder sonst was. Helga sollte den Bauernhof ihrer Eltern übernehmen, und da gab es jede Menge Arbeit. Die Fertigstellung der Wirtschaftsgebäude, die Errichtung des Wohnhauses und die Weiterentwicklung und Umstellung des Betriebes nahmen uns voll und ganz in Anspruch, dazu kamen nach und nach unsere vier Kinder. Eines Tages kam Helga in unserem Hofladen mit einem Mann aus unserem Ort ins Gespräch über Gott und die Welt und auf seinen Glauben. Er lud sie zu einem Bibelkreis ein. So entdeckten wir nach und nach wie Gott zu uns spricht und was sein wunderbarer Plan mit der Welt und den Menschen ist.
Doch ich hatte noch mehrere Jahre ein großes Unbehagen und viele Fragen im Herzen:
- Kann es sein, dass die Mehrzahl meiner Mitmenschen, so viele kluge und liebende Freunde, gut meinende Idealisten, hingebungsvolle Wohltäter sich auf einem Irrweg befinden?
- Ist es möglich, dass so viele Priester und Theologen, die doch die Bibel studiert haben, an den wesentlichen Inhalten vorbeigehen und die eigentliche Wahrheit nicht erfassen?
- Wenn die Sache so kompliziert ist, wie soll ich, als nicht Hochgebildeter, mir dann ein zuverlässiges Urteil bilden, und den rechten Weg finden?
In dieser Zeit haben Helga und ich, neben dem alle 2 Wochen stattfindenden Bibellesekreis, so viele Vorträge des Katholischen Bibelwerkes besucht wie es uns möglich war. Nach und nach fiel es uns wie Schuppen von den Augen. Irgendwann erkannte ich den roten Faden, der sich durch die ganze Heilige
Schrift zieht – vom ersten Lamm, das sterben musste, weil Gott mit Kleidern aus seinem Fell die Blöße der sündigen Menschen bedeckte, bis zum wahren Opferlamm Jesus Christus, der die Sünde der Welt trägt. Immer mehr verstand ich das Wesen der Sünde, und dass kein Mensch aus sich selbst vor Gott gerecht ist. Besonders das Wort: „Aus Gnade seid ihr errettet durch Glauben, nicht aus eigenen Werken, damit keiner sich rühme“, welches nicht nur im Römerbrief, sondern auch in verschiedenen Formulierungen mehr als 20-mal im neuen Testament vorkommt, lernte ich immer besser verstehen und begreifen. Zugleich wurde mir mehr und mehr bewusst, dass die „Heilsangebote“ der Kirche in Wahrheit nicht mit der Lehre der Heiligen Schrift übereinstimmten. Besonders das Aufsagen langer Gebete hat Jesus selbst kritisch gesehen, das Ablasswesen ist aus der Heiligen Schrift absolut nicht zu begründen und das Messopfer entspricht nicht dem biblischen Gedächtnismahl, es wird nirgends in der Bibel geschrieben, dass durch dieses Ritual Sünden getilgt werden, so wie dies von der katholischen Kirche verkündet wird. Hier liegt auch eine wesentliche Wurzel aller Verirrungen: Bilder und Rituale können uns an Gottes Wirken erinnern und auf ihn hinweisen. Es ist jedoch fatal, dass der Mensch dazu neigt, Bilder zu verehren und von Ritualen eine göttliche Erlösungskraft zu erwarten. So wie der Apostel Paulus an die Gemeinde der Galater schrieb: „Mich wundert, dass ihr euch so bald abwenden lasst von dem, der euch berufen hat in die Gnade Christi, zu einem andern Evangelium, obwohl es doch kein andres gibt. Es gibt nur einige, die euch verwirren und wollen das Evangelium Christi verkehren. Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein Evangelium predigen würden, das anders ist, als wir es euch gepredigt haben, der sei verflucht.“ Ich bin zutiefst überzeugt, dass die Bibel Gottes ewig gültige und einzige, über alle zeitgeistigen
Strömungen hinweg, wahre Botschaft an uns Menschen ist. Alle Menschenweisheit, welche dem Wort Gottes widerspricht, führt in eine Sackgasse und wird dem, der nicht bereit ist umzukehren, zum Verderben. Als Bauer habe ich auf vielfältige Weise erlebt, dass kein Tierarzt, kein Biologe und kein Wissenschaftler letztendlich versteht wie das Leben wirklich funktioniert. Alles menschliche Wissen und Forschen auf diesem Gebiet wird bei allem Respekt vor den, auf diesem Gebiet tätigen Menschen und ihren großartigen Leistungen, immer Stückwerk bleiben. Letztendlich gebührt Ehre und Anbetung nur dem Schöpfer Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat und alles was darin ist, die sichtbaren und die unsichtbaren Wesen. Er hat in die Natur und in jedes einzelne Lebewesen Gesetze und Regeln hineingelegt und dem Menschen, der sich von ihm abgewandt hat, durch das Opfer seines Sohnes, den Weg zu Gott wieder frei gemacht. Seit mir diese Dinge bewusst sind, gibt es für mich nur mehr zwei Gebote:
Du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen und mit allem Verstand.
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Gott lieben heißt: Ich will sein Wesen und seinen Willen immer näher kennenlernen und entsprechend handeln.
Den Nächsten lieben heißt: Ich will seine materielle und besonders auch seine emotionale und geistige
Not sehen und das Beste für ihn tun. Alle Probleme welche dabei auftreten, sind für mich Prüfungen, die mir meine Schwachheit und Unvollkommenheit vor Augen führen, um daraus zu lernen und reifer zu werden. Oder wie Paulus
schreibt – ein Stachel im Fleisch, damit ich nicht überheblich werde. Darüber hinaus darf ich wissen: Für meine Fehler und Sünden hat Jesus am Kreuz bezahlt. Ich habe zwar nicht das Recht, mit dieser Rettung leichtfertig umzugehen, aber niemand wird mich aus seiner Hand rauben. Mit dieser Gewissheit gehe ich relativ unbeschwert durch die Schwierigkeiten des Lebens einer frohen und glücklichen Zukunft in Gottes ewiger Gegenwart entgegen.
Josef Rein,
geboren 1961, verheiratet seit 1983 mit Helga. Gott hat uns vier Kinder geschenkt. Gemeinsam führten wir von 1983 bis Ende 2024 einen Bio-Bauernhof mit Milchkühen, Käserei und Direktvermarktung. Wir sind seit 1.1.2025 in Pension.
Kontakt: Josef Rein, Telefon: [0664] 3145482, Mail: josef.rein [AT] aon.at